Liebe Schwestern und Brüder,
Was ist eigentlich der Heilige Geist? Kinder möchten auf solche Fragen keine hochkomplizierten theologischen Antworten. Für Kinder muss eine Antwort einfach und logisch einleuchtend sein. Auch manchem Erwachsenen, Prediger wie Zuhörer, kommt eine einfache Antwort manchmal sehr gelegen. Antworten, mit denen man im Alltag etwas anfangen kann, die einem Impulse geben. Antworten, mit denen man auch im Alltag nah bei Gott sein kann. Bilder sind dabei in der Regel sehr hilfreich. Sie können so eine Art „Eselsbrücke“ zu Gott werden.
Ein sehr schönes Bild für den Heiligen Geist ist die Vorstellung, dass man Gottes Geist in der Welt an seiner Wirkung erkennt. So wie man den unsichtbaren Wind beispielsweise an seinen Auswirkungen auf die Bäume erkennt. Man kann den Wind nur mittelbar sehen: an den Zweigen und Blättern, die sich durch ihn hin- und herwiegen. Man kann ihn im Gesicht oder im Rücken spüren.
So kann man vielleicht auch den Heiligen Geist sehen. Nicht unmittelbar und sicher ein wenig schwieriger zu erkennen als der Wind in den Bäumen. Aber bei genauem Hinsehen auf das, was einem im Alltag so begegnet, durchaus möglich.
Es sind keine Tauben oder Feuerzungen mehr, die uns die Wirkung des Heiligen Geistes zeigen. Es sind Menschen, die uns deutlich machen: Hier wirkt der Heilige Geist. Ja, es gibt sie, die heiligmäßigen Menschen. Doch fast überzeugender noch wirkt der Heilige Geist manchmal in denen, von denen man es vielleicht gar nicht erwartet hätte. Da ist der ständig rebellierende Jugendliche, der sich von der Hilflosigkeit einer alten Frau anrühren lässt und für sie ab und an Einkäufe erledigt. Oder auch der Mann, der von der Kirche nichts mehr wissen will, ihr in tiefster Verletzung den Rücken zugekehrt hat, aber in größter Liebe und Zuwendung seine sterbende Ehefrau in den Tod begleitet. Da wird Gottes Geist sichtbar und fast greifbar. Man muss natürlich bereit sein, ihn dort zu sehen.
Es ist eben so: Nicht wir Menschen legen fest, in wem der Heilige Geist wirkt. Schon der Apostel Petrus hat das erkannt, als die ersten Heiden zur Gemeinde der Christen stießen. Wir werden das am Pfingstmontag in der Lesung hören. Wer soll zur Kirche dazugehören? Welche Bedingungen mussten erfüllt werden, damit jemand getauft werden durfte? Das alles waren entscheidende Fragen, die die junge Kirche beschäftigten.
Gott schenkt seinen Geist ohne Vorbedingungen jedem Menschen, der offen für ihn ist und sein Wirken zulässt. Dabei spielt es keine Rolle, was für ein Mensch er ist – eben ohne Ansehen der Person. Gut, wenn man das Glück hat, im Alltag Menschen zu begegnen, in denen Gottes Geist wirkt – sichtbar, spürbar, hörbar. Eine Art Eselsbrücke zu Gott eben.
Ein gesegnetes Pfingstfest wünscht Euch und Ihnen
Euer und Ihr Pastor Thomas Jablonka