Liebe Schwestern und Brüder,
Unklarheiten rufen Verwirrung hervor und Phantasien. Und nicht immer die besten. Was ist da zu tun? Natürlich nachfragen. Das ist das Selbstverständlichste von der Welt – wird aber oft unterlassen.
Da sagt Jesus: „Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen.“ Damit ist eigentlich alles gesagt, was Jesus über sich selbst sagen konnte, und trotzdem war für die Jünger überhaupt nichts klar. Was sollte das heißen? Auch hier gilt, wenn etwas unklar ist, dann gibt es nur eines: nachfragen! Aber genau das geschieht nicht.
Jetzt sind die Jünger schon so lange mit Jesus zusammen und haben immer noch Angst nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben. Das hat wohl etwas damit zu tun, dass niemand sich blamieren will, weder vor Jesus noch vor den Anderen. Immer wieder meldet sich in uns die Idee, bloß keine Schwäche, keine Wissenslücke, keine Unsicherheit zu zeigen, denn das könnte uns vielleicht zum Nachteil gereichen.
Jesus handelt anders. Er fragt nach. Er will wissen, worüber sie unterwegs gesprochen haben. Diese Frage bringt Klarheit, auch wenn sie nicht mit Worten beantwortet wird, sondern durch Schweigen. Sie hatten gestritten, wer von ihnen der Größte sei. Genau aber diese Sorge hatte sie zuvor am Fragen gehindert, und jetzt will keiner zugeben, dass ihm die Rangfolge so wichtig ist. Jetzt kann er ihnen ein Wort sagen, das ihnen wirklich hilft, weil es nun ihr eigentliches Problem trifft.
Jesus stellt ein Kind in ihre Mitte. Dieses Kind soll gewissermaßen jetzt der Lehrmeister sein, und Jesus hat nicht die geringste Angst, an Autorität zu verlieren, weil jetzt das Kind und nicht er in der Mitte steht. Ein Kind hat diese Angst auch nicht, sondern fragt unbekümmert, fragt den Erwachsenen manchmal richtige Löcher in den Bauch – besonders denen, von denen es sich angenommen weiß. Das deckt sich wohl auch mit Ihrer Erfahrung: Je mehr wir uns von jemandem angenommen wissen, desto leichter fällt uns das Fragen. Doch zuweilen müssen wir das erst entdecken, dass jemand es gut mit uns meint.
Die ganze Tiefe der Liebe Jesu war den Jüngern noch nicht aufgegangen, und erst recht jenen nicht, die in größerem Abstand zu ihm standen. In ihrer Angst, weniger zu wissen und beschämt zu werden, blieben sie lieber im Gestrüpp diffuser Angst machenden Phantasien. Und in der schlechtesten Phantasie über den andern, wird oft der größte Trumpf für das eigene Prestige gesehen. So wurde Jesus zum Gotteslästerer abgestempelt und hingerichtet. Aber Wahrheit war und ist, dass Jesus von Gott nicht zu trennen ist. Das wurde spätestens am dritten Tag vielen klar.
Gelegentlich öfter fragen, ohne Scheu vor der Blamage und vieles würde klarer. Vieles würde besser in der Welt aussehen. Das ist das Eine. – Genauso wichtig ist aber auch das Hören auf die Antwort. Uns Menschen fällt es schwer, im Gewirr der vielen Antworten auf unsere Fragen die richtige zu entdecken. Jesus Christus hat Worte ewigen Lebens. Er selbst ist die Wahrheit auf die wir vertrauen können.
Ihr und Euer
Pastor Thomas Jablonka